Die Digitalisierung verändert die Strukturen unserer Alltags- und Arbeitswelt seit Jahren in rasantem Tempo und wird dies auch in Zukunft tun. Welche Trends, Neuerungen und Innovationen sind zu erwarten? Wo geht die Reise hin? Genau diesen Fragen widmete sich die Tagung „Nachhaltigkeit 4.0 – Von Green IT bis zu Datenkreisen“ am 7.10.2021, bei der Expert*innen der Branche über jene digitalen Trends sprechen, welche die Welt von morgen schon heute im Blick haben muss.
Durch die Veranstaltung führten DIO-Präsident Günther Tschabuschnig, Lisbeth Mosnik (Sektion III/Abteilung I 5 – Schlüsseltechnologien für industrielle Innovation: IKT, Produktion und Nanotechnologien, BMK) und ADV-Vizepräsident Bernhard Göbl. Wir haben für Sie einige Beiträge kurz zusammengefasst. Die zugehörigen Präsentationen sowie die Videoaufzeichnungen aller Vorträge finden Sie auf der ADV-Website.
Datenökosysteme, Datenstrategien und Datenkreise
Schritte in Richtung eines funktionierenden Daten-Service-Ökosystems – Lisbeth Mosnik, BMK
Ein florierender Datenmarkt und ein funktionierendes Datenökosystem für Österreich ist entscheidender Faktor für Beschäftigung und Wachstum sowie für nachhaltige gesellschaftliche Stabilität und Wohlstand. 2018 wurde die DIO als Spin-Off des Leitprojekts Data Market Austria gegründet. Die Offensive wird vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) gefördert und zielt auf die Forcierung und Förderung von Geschäftsmodellen für den Austausch und die Monetarisierung von Daten nach strengsten ethischen und rechtlichen Standards ab.
Gemeinsam und im Auftrag von öffentlichen Stellen der Republik Österreich etablieren das BMK und die DIO den “Green Data Hub” – eine Initiative, welche eine gemeinsame europäische Dateninfrastruktur (angelehnt an GAIA X) entwickelt. Ziel ist eine sichere und vernetzte Dateninfrastruktur, die den höchsten Ansprüchen an digitale Souveränität genügt und Innovationen fördert. In einem offenen und transparenten digitalen Ökosystem sollen Daten und Dienste verfügbar gemacht, zusammengeführt, vertrauensvoll geteilt und genutzt werden können. DIO befördert den Erfahrungsaustausch zu state-of-the-art-Technologien und deren Best Practice unter besonderer Berücksichtigung der Künstlichen Intelligenz.
Schlüssel- und Erfolgsfaktoren in der Bildung von Datenkreisen: Welche grundlegenden Fehler gilt es zu vermeiden? – Reinhold Bierbaumer, Kybernos
Welche Schlüssel- und Erfolgsfaktoren gelten in der Bildung von Datenkreisen? Reinhold Bierbaumer, Managing Partner bei Kybernos GmbH, zeigte, welche grundlegenden Fehler bei der erfolgreichen Realisierung von Datenkreisen vermieden werden müssen: (i) Bestreben nach Differenzierung der involvierten Player, (ii) Datenhoheit-Konflikt bzw. das Bestreben nach zentraler Kontrolle. Laut Bierbaumer lautet die grundlegende Devise für den Erfolg: “Weg vom zentralistischen Denken!”.
Datenkreis Mobilität: DIANA 4 CCAM – Christian Schwarzl, Alp.Lab
Das Projekt CCAM – Cooperated Connected Automated Mobility – wurde von Christian Schwarzl vorgestellt. Um das Projekt erfolgreich umsetzen zu können, wird eine große Menge an Daten für das Training von Algorithmen benötigt. Rechtliche Rahmenbedingungen müssen noch geklärt bzw. geschaffen werden. Geplante Use Cases umfassen die Bereiche menschliches Fahrverhalten, vorausschauende Straßenwartung, und nachhaltige multimodale Mobilität.
PEM: Datenökosystem ermöglicht barrierefreies Reisen – Lisa Höllbacher, nexyo & Susanne Tischmann, ÖAMTC
Durch das Pooling von Mobilitätsdaten aus unterschiedlichen Quellen werden neue Angebot und Services für Personen mit eingeschränkter Mobilität (PEM) möglich. Durch den Aufbau einer neutralen Daten-Austauschplattform (dem sogenannten PEM.Hub) werden Informationen und Daten aus bestehenden Datenbeständen / Services integriert. Der Weg dorthin führt über den Aufbau eines Datenkreises PEM im Rahmen der DIO – so entsteht ein offenes Datenökosystem für Mobilitätsservices.
Über mehrere Datenanbieter hinweg (u. a. ÖAMTC, ÖBB, Wiener Linien, ITS, VOR, Stadt Wien usw.) wird ein Datenökosystem für PEM-relevante Daten etabliert und eine prototypische Umsetzung des PEM.Hub als technische Infrastruktur für Datenaggregierung ermöglicht. Auf diesem Wege wird unter anderem das barrierefreie Reisen für Personen mit eingeschränkter Mobilität umgesetzt.
ECOM-X – Aspern Energy Data Circle – Gerhard Engelbrecht, Siemens
Gerhard Engelbrecht, Senior Scientist bei Siemens, sprach darüber, wie der europäische Datenaustausch mit GAIA-X den nachhaltigen Energieaustausch zwischen Wohn- und Industrieanlagen ermöglicht und damit zur höheren Nutzung von erneuerbarer Energie führen kann.
Das ECOM-X Projekt ermöglicht eine Energiegemeinschaft auf Basis von GAIA-X zwischen Wohngebäuden und Industrieanlagen. Energiegemeinschaften sind durch kürzlich erfolgte Gesetzesänderungen ein sehr aktuelles Thema, allerdings gibt es noch kaum Feldversuche. GAIA-X setzt als europäische Initiative zum Datenaustausch, u. a. Datenschutz und Datensouveränität als Schwerpunkte und könnte somit besonders in sensiblen Bereichen wie Energie Anwendung finden. Im ECOM-X Projekt werden genau diese beiden Themen zusammengeführt und die Machbarkeit bzw. Umsetzbarkeit untersucht. Die Analyse umfasst sowohl die wirtschaftliche Betrachtung als auch eine mögliche technische Umsetzung.
Ein besonderer Aspekt des Projekts ist die Untersuchung in der Seestadt Aspern. Einerseits ist Siemens an der Pilotfabrik beteiligt und kann hier auf historische Daten wie Energieverbrauchsprofile von Produktionsprozessen zurückgreifen. Anderseits ist Siemens auch Teil von ASCR (Aspern Smart City Research), die auch Gebäudetestbeds betreibt und kann somit Energieverbrauchs- und Erzeugungsdaten aus dem Wohnbereich verwenden. Durch das Zusammenführen dieser Datenbestände (unter Einhaltung der GAIA-X Vorgaben) soll analysiert werden, wie eine Energiegemeinschaft aus Industrieanalage und Wohngebäude funktionieren kann und welches Potenzial der gegenseitige Energieaustausch wirklich hätte.
Nachhaltigkeit durch IT und in der IT
Warum wir Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit dringend brauchen – Roland Sommer, Plattform Industrie 4.0
Ein digitales Ökosystem wird in Zukunft immens wichtig sein, um den Ressourcenverbrauch in der Industrie zu reduzieren. Vor allem die Pandemie hat gezeigt, dass Resilienz in der Produktion gestärkt werden muss. Darüber hinaus wird natürlich auch das Energiemanagement zentral sein – in der Industrie wird 80% der Energie dafür aufgewendet, eine Produktionsbereitschaft herzustellen. Dabei werden IoT und KI essenzielle Player für Nachhaltigkeit sein. Sommer stellte in seinem Konzept fünf Use Cases aus unterschiedlichsten Branchen (Bäckerei, mechatronische Bauteile, Kücheneinrichtungen…) vor, die Best Practice Beispiele bei der Einsparung von Ressourcen und Energie sind.
Nachhaltigkeit & Grünes Datencenter – Agnes Balasz, Amazon Web Services
Eine echte Powerfrau in der Data Community, Agnes Balasz, gab Einblicke in ihr Unternehmen AW:. Amazon hat sich bis 2040 – also 10 Jahre vor dem Paris Agreement Ziel – verpflichtet, klimaneutral zu werden und ausschließlich erneuerbare Energien bis 2025 zu verwenden. Dafür werden diverse Ansätze in weltweiter Dimension angestrebt. Um “die natürliche Welt zu erhalten” hat Amazon diverse Initiativen, wie z.B. den Climate Pledge Fund, den Right Now Climate Fund, Shipment Zero oder Climate Pledge Friendly Shopping ins Leben gerufen.
Mit der Digitalisierung auf dem Weg zur Klimaneutralität im Burgenland – Julia Werner, Energie Burgenland
Zurück nach Österreich, aber wir bleiben bei dem Ziel “klimaneutral”. Durch die Entwicklung innovativer Digitallösungen, Digitale Plattformen wie weiterdenker.at, die Steuerung von Digitalisierungsprojekten und dem Breitbandausbau will das Burgenland bis 2030 Klimaneutralität erreichen.
Halbleiter – der Hebel in der Energieeffizienz! Eine große, unterschätzte Energiequelle – Stefan Rohringer, Infineon
Wie schon von Roland Sommer angesprochen, ist der Energieverbrauch in der Industrie Thema. Neue Technologien machen es möglich, Verluste (also Energieverluste die von Erzeugung bis zum Endverbrauch entstehen) zu reduzieren. Um Verluste zu verringern braucht es stetige Innovation. Fazit: es lohnt sich um jeden Prozentpunkt Effizienz zu kämpfen!
Datentrends
Daten sind besser als das neue Gold – Welchen Wert haben meine Daten – Norbert Amlacher, andréewitch & partner & Martin Schiefer, Schiefer Rechtsanwälte
Unternehmen generieren und sammeln heute im Rahmen ihrer täglichen Geschäftsabläufe riesige Datenmengen. “Zu wenige jedoch behandeln Daten wirklich als strategischen Vermögenswert”, so Amlacher. Da Unternehmen zunehmend auf digitale Strategien setzen und sich zu digitalen Einheiten entwickeln, nutzen sie Daten als wichtige Quelle für den Unternehmenswert. Die Monetarisierung von Daten ist der Prozess, durch den jede*r Einzelne finanziellen Wert aus Daten schaffet. Das Verwenden von Daten, um Tauschgeschäfte einzugehen, sowie der Aufbau von rechtlichen Rahmenbedingungen, um dies zu ermöglichen, ist ein hochaktuelles Thema und keine Zukunftsmusik mehr.
Digitale Geschäftsmodelle brauchen sichere Identitäten und automatisierte Smart Contracts – Andreas Huber, nexyo & Hannes Bauer, idento.one
nexyo ermöglicht Datenökosysteme und trägt zum Erfolg datengetriebener Unternehmen bei, indem es die einfachste Lösung für die gemeinsame Nutzung von Daten anbietet. Mit einer Softwarelösung verbindet nexyo Daten innerhalb und außerhalb von Unternehmen und baut vertrauenswürdige Netzwerke mit ausgewählten Partner*innen auf. Alles unter Wahrung der Datensouveränität. Gemeinsam mit idento.one erlange der/die Verbraucher*in reale Datensouveränität, berichtet Andreas Huber. Er bekommt die Kontrolle über die Daten und deren Verwendung, legt seine Digitale Identität selbst an, verwaltet und verwertet sie. Ohne explizite Zustimmung des/der Kund*in verlassen keine Daten das System.
Alle Präsentationen stehen auf der ADV-Website zum Download bereit.